Alle Beiträge von Matthias Heitmann

Zur Debatte über den militärischen Einsatz von Drohnen

Ist ein Krieg dann ethisch vertretbar, wenn diejenigen, die man auf der „ethisch richtigen Seite“ wähnt, ebenfalls in Lebensgefahr schweben? Sind Kriege abzulehnen, weil Drohnen eingesetzt werden? Ist das nicht eine völlig künstliche Debatte?
Anstatt Aussagen über politische Motive zu treffen, werden Scheinargumente gebracht à la „Die Entscheidung über Leben und Tod darf aber nicht ein Computer treffen.“ Kritik am Krieg wird reduziert auf die Mainstream-Kritik an Technologie. Und das ist das eigentlich barbarische daran.

„Computer dürfen nicht über den Tod entscheiden“ (Zeit Online)

WM 2014: Zu Tode jauchzend oder himmelhochtrauernd?

Das Fehlen realistischer Einschätzungen führt unweigerlich zu Überreaktionen – das gilt in der Politik, und erst recht beim Fußball.
Beispiel: BRD – ALG: Ich bin ja kein Schlandianer. Wer aber im Vorfeld des Spiels die algerische Mannschaft (trotz ihrer beachtlichen Auftritte in der Vorrunde) zu Kanonenfutter degradiert und die deutsche Mannschaft (trotz ihrer Auftritte in der Vorrunde) überhöht, dem bleibt dann nach einem eigentlich erwartbar engen Match kaum etwas anderes übrig, als die deutsche Mannschaft, der eben noch Weltmeisterpotenzial zugesprochen wurde, zu Vollidioten zu erklären – zu Unrecht. In der zweiten Halbzeit hatte sie die Algerier total im Griff, das Tor war nur eine Frage der Zeit und ließ einfach nur 3 Minuten zu lange auf sich warten.
Ich gebe Per Mertesacker daher unumwunden Recht. Und wenn ich mich über etwas aufregen könnte, dann wäre es die öffentliche Aufregung…

E-Dampf

Die Gefahr der E-Zigarette liegt in ihrer nichtbeweisbaren Gefährlichkeit. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig befürchtet, dass der Elektrodampf junge Leute zu einer Raucherkarriere verführen könnte. Mit dem Argument könnte sie auch die Nahrungsmittel- und Wasseraufnahme verbieten. Schön ist allerdings auch die süddeutsche Formulierung „Elektrodampf“ – ist sicher der Zwillingsbruder des Elektrosmogs.

„E-Zigarette für Jugendliche soll verboten werden“ (Süddeutsche Zeitung )

WM 2014: Wer sich bemalt, ist Rassist?

Wenn das Schwarzbemalen von Gesichtern, das Tragen von T-Shirts mit der Aufschrift „Ghana“ oder halbnackte Flitzer mit Nazi-Symbolen auf dem Oberkörper das rassistischste ist, was den Wärtern der Politischen Korrektheit auffällt, dann ist es Zeit, sich endlich einzugestehen: Der Rassismus als politische Ideologie ist tot! Lang lebe der anti-rassitische Autoritarismus.

„Blackfacing bei der WM: Rassismus-Vorwürfe gegen deutsche Fans“ (Spiegel Online)

Hochspannung macht krank? Wie spannend!

Bald sind wir dann wirklich wieder bei der Neurasthenie, dem Vorgänger des heutigen Burnout-Syndroms, der zum „fin die siècle“ in Europa grassierte und auf die „elektrische Revolution“ zurückgeführt wurde.
Aber die Logik ist verblüffend: Wir haben keine Ahnung, was Alzheimer auslöst, und daher ist es geradezu zwingend, dass es etwas sein muss, von dessen Nebenwirkungen wir bislang genauso wenig Ahnung hatten. Wer will da schon widersprechen?

 

„Hochspannungsleitungen können krank machen: Angst der Anwohner vor Strahlung: Lösen Straomtrassen Leukämie und Alzheimer aus?“ (Focus Online)

Na chlor!

Chlorhuhn: desinfiziert, aber eben amerikanisch, und das darf ja nicht gesünder sein. Dann doch lieber auf deutsche Salmonellen setzen, die sind wenigstens biodynamisch und glücklich aufgewachsen.

Hygieneexperte Franz Daschner: „Bei der Desinfektion haben wir es … mit Chlor in gebundener Form und in deutlich niedrigeren Konzentrationen zu tun: mit Natriumhydrochlorit und Chlordioxid – das ist das gleiche Zeug, das wir zur Reinhaltung des Trink- und Schwimmbadwassers verwenden. Und zwar seit Jahrzehnten, ohne dass deshalb ein einziger Mensch an gechlortem Wasser gestorben wäre oder es jemanden sonst in irgendeiner Weise geschadet hätte.“

„Freiburger Hygieneexperte: Esse lieber Chlorhünchen als deutsches Huhn“ (Badische Zeitung)

Frankfurter Rundschau: Predigerjournalismus als Geschäftsmodell?

 Peter Turi zitiert aus dem Horizont-Interview (23/2014, S. 11) mit Bascha Mika, Co-Chefredakteurin der Frankfurter Rundschau: Auch eine gedruckte Zeitung brauche künftig eine „Community“, die bereit ist, zu bezahlen, „so wie eine freikirchliche Gemeinde ihren Pfarrer bezahlt, damit er predigt“. Dieser Gemeinde dürfe man dann „nicht irgendeinen Schrott anbieten“.

Eine Tageszeitung wie ein freikirchliches Gemeindeblatt betreiben zu wollen und das als Unabhängigkeit von „Anzeigenerlösen“ und Garantie für höherwertige Berichterstattung zu feiern, sagt einiges aus über Anspruch und Selbstverständnis des zeitgenössischen „unabhängigen und kritischen“ Journalismus.