03.02.2023 – Ökologisches Denken interessiert sich nicht für die Natur, es ist vielmehr eine Art, wie man den Menschen sieht. Dieses Menschenbild steht im Gegensatz zum humanistischen Denken.
Erinnern Sie sich noch daran, als die Taliban im März 2001 die Buddha-Statuen von Bamiyan in Afghanistan zerstörten, weil dort anderen vorislamischen Göttern gehuldigt wurde?
Ein Aufschrei ging durch die westliche Welt. Ähnlich war es 2015, als die Terroristen des IS die antike Oasenstadt Palmyra in Syrien einnahmen und u.a. den über 2000 Jahre alten Baal-Tempel zerstörten. Dieser barbarische Akt gilt heute für die UNESCO als Kriegsverbrechen. Die damalige UNESCO-Generaldirektorin Irina Bokova war da ganz eindeutig, als sie sagte: „Jeder dieser Angriffe ruft uns dazu auf, das Erbe der Menschheit weiter zu teilen, ob in Museen, Schulen, in den Medien oder zu Hause. Die Macht der Kultur ist größer als alle Formen des Extremismus.“
Wie wollen wir es nennen, wenn heute in der westlichen Welt Kunstwerke beschädigt oder zerstört werden, wenn Publikationen verboten, Theaterstücke verhindert und Künstler angeprangert oder angegriffen werden, im Namen von Ideologien, von Religionen oder der vermeintlichen Wissenschaft? Heute besudeln sogenannte Aktivisten Kunstwerke, weil diese vom einzig relevanten Thema unserer Zeit ablenken: der Klimakatastrophe. Quasi ein Klima-Lockdown von Kunst und Kultur, angeblich, um das bunte und vielfältige Leben auf unserem Planeten zu retten.
Doch der Schein trügt. In Wirklichkeit ist genau diese Buntheit und Vielfalt verpönt. Tatsächlich wird hier alles immer eindimensionaler, einheitlicher, öder. Denn egal, was wir auch tun, es muss immer gut für die Umwelt oder das Klima sein.
Am Anfang war Grün nur wie so eine Art freundlicher Anhang, um etwas herzumachen, um vorne dran zu sein. Nichts Weltbewegendes. Stück für Stück wurde es zu einem festen Bestandteil und in den Alltag integriert. Irgendwann kippte das Ganze, und grünes Denken übernahm langsam die Hauptrolle. Nicht, weil grüne Argumente besser oder die ökologische Lage schlimmer wurden, sondern weil alles andere scheinbar an Bedeutung verlor. Das sich ausbreitende ideelle Vakuum saugte grüne Überzeugungen in die Zentren der Macht.
Wer heute nicht klimaneutral ist, gehört nicht mehr dazu. Das Ökosiegel mutierte zu einer Eintrittskarte in die Welt der Guten, Modernen, Wertvollen und Mächtigen. Mittlerweile ist Grün die Existenzberechtigung für nahezu alles, alles andere wird verboten.
Ob Konsum oder Kultur, alles soll diesem Dogma unterstellt werden. Die Dinge haben kein eigenes Existenzrecht mehr, sie erhalten nur noch die moralische Zulassung, wenn ihre „eigentliche Funktion“, also ihr Beitrag zu einer grüneren Welt, zertifiziert ist. Die Vorstellung, dass sich etwas oder jemand diesem Glauben aktiv widersetzen könnte, gilt als geradezu absurd. Widerstand ist unökologisch, nicht nachhaltig, eine Energieverschwendung.
Es mag einigen nicht gefallen – aber genau das ist der Weg in eine totalitäre Gesellschaft. Wir werden Zeugen einer grünen Gleichschaltung. Totalitarismus definiert sich darüber, dass Vielfalt im Denken und Bewerten abgelehnt, mundtot gemacht, kriminalisiert, auf Linie gebürstet oder aber systematisch unterbunden wird. So paradox es klingen mag: Dadurch, dass die Welt nur noch durch die grüne Brille gesehen wird, wird sie zu einer Monokultur, die weder Abweichungen noch Widersprüche duldet. Klima und Umwelt werden zu ökoritären Totschlagargumenten.
Dass nebenbei bemerkt der Natur damit kein Gefallen getan wird, schadet der Vehemenz nicht. Wir müssen uns von einem ganz alten Missverständnis lösen: Ökologisches Denken interessiert sich nicht für die Natur, es ist vielmehr eine Art, wie man den Menschen sieht und bewertet, und dieses Menschenbild steht im Gegensatz zum humanistischen Denken.
Der Mensch steht zwar weiterhin im Zentrum – nur geht es eben nicht um seine Entfaltung, Entwicklung und Befreiung, sondern um seine Unterordnung, seine Begrenzung und um das Brechen seines Fortschrittsglaubens und Freiheitsstrebens. Die Darstellung süßer Tierbabys und unberührter Naturlandschaften ist nur der emotionale Hebel, mit dem versucht wird, die Menschen für eine im Kern menschenfeindliche Ideologie zu gewinnen. Tierrechte werden nicht eingefordert, um Kellerasseln endlich mehr Mitspracherechte zu geben, sondern, um Menschenrechte zu relativieren.
Die Protagonisten der grünen Ideologie sind keine plüschigen Baumkuschler oder ausgemergelte Waldschrate. Sie sind auch keine Gesundheits- oder Verzichtsfreaks, die sich aus Nächstenliebe für andere aufopfern. Ihr Ziel ist der Verzicht der Anderen – und um das zu erreichen, jetten sie sogar um die Welt. Wir haben es hier mit kühl kalkulierenden Klima-Karrieristen zu tun, die intellektuell verkümmert und kulturell verwahrlost Menschgemachtes und somit Kultiviertes angreifen, blockieren oder zerstören.
Die Aktivisten der „Letzten Generation“ – eigentlich müsste man sie wegen ihrer verklebten Aktionen eher „Passivisten“ nennen – generieren sich als Speerspitze des Widerstands. Wahrscheinlich müssen sie diese Protestform wählen, um sich selbst noch als radikal fühlen zu können, denn inhaltlich sind sie ja nur die klebrigen Fangarme des Establishments.
Die Politik fokussiert sich ja seit Jahren darauf, den Menschen Steine in den Weg zu legen, sie zu entschleunigen, ihre Erwartungen zu drosseln und sie an den Gedanken zu gewöhnen, dass Verzicht ein Gewinn ist. Verzicht auf Wohlstand, Verzicht auf Freiheiten, Verzicht auf Mobilität, Verzicht auf Einfluss und Teilhabe, Verzicht auf Vielfalt, Verzicht auf Leben – zum Wohle von Natur und Klima.
Ich verabscheue an der Letzten Generation nicht nur ihre Protestformen; ich lehne das ab, woran sie glauben. Die Grundannahmen, auf denen ihre verquere Weltsicht basiert, teile ich nicht. Die Welt ist nicht dem Untergang geweiht, im Gegenteil, sie wird sogar immer grüner. Der Mensch ist auch nicht das Problem, sondern die Lösung, wir sind weder zu reich, noch zu frei, noch sind wir zu viele oder wollen zu viel.
Ich freue mich schon darauf, wenn dereinst Menschen die parastaatlichen Öko-Taliban von heute belächeln werden – nicht als letzte Generation, sondern als die allerletzte. Für Euren Untergang hol ich mir kein Gruppenticket, ich fahr woanders hin, in eine Zukunft, in der die Macht der Kultur größer ist als alle Formen des Extremismus.