10.01.2017 – Der frühere Bundespräsident Roman Herzog ist tot. Mein Beileid gilt seiner Familie und seinen Angehörigen. Dieses Ereignis wird dazu führen, dass in zahlreichen Kommentaren die Bedeutung von Herzogs Berliner „Ruck“-Rede vom April 1997 herausgestellt und auch mystifiziert werden wird.
Zu gerne wird Geschichte rückwärts gelesen und dadurch auch verfälscht. Da ist es interessant zu sehen, wie man die Sache schon damals distanziert betrachten konnte. In meinem Artikel „Herzog-Tum Deutschland“ über die Rede des damaligen Bundespräsidenten habe ich im September 1997 geschrieben:
„Sowohl Roman Herzog als auch Wirtschaftsvertreter und Öko-Strategen sind sich einig in ihrer Kritik am schwerfälligen, demokratischen Prozess und dem dazugehörigen wohlstandsverwöhnten Wahlbürger. Scheinbar müssen neue Strukturen her, die das Volk ins nächste Jahrtausend geleiten – und auf die Zuschauertribüne des politischen Prozesses. (…) Bei aller rhetorischen Raffinesse konnte Roman Herzog eines nicht verheimlichen: Er selbst ist Teil dieser perspektivlosen politischen Elite in Deutschland, mag er sich auch durch moralisierende Standpauken oder post-moderne Visionen noch so klar von ihr abzugrenzen versuchen.“