Ich bin Atheist. Deswegen bin ich daran interessiert, in einer Gesellschaft zu leben, die Menschen nicht nach ihrer Religion einstuft, ihnen aber dennoch das Recht zugesteht, diese zu praktizieren. Dieses Recht zu gewährleisten, ist die Pflicht eines säkularen Staates.
(Erschienen am 11.2.2011 auf www.Novo-Argumente.com)
Vielfach wird heute – angesichts von vielen mit Religionen in Verbindung gebrachten Gefahren – argumentiert, der säkulare bzw. aufgeklärte Staat müsse sich „gegen die Religion“ richten und die Gemeinschaft vor Religions-Ausübern schützen – ein fürchterliches Missverständnis: Der säkulare Staat wurde von gläubigen Menschen erkämpft; dem Staat wurde das Recht abgesprochen, über den Glauben des Einzelnen zu entscheiden und sich mit einer Religion in eins zu setzen. Der säkulare Staat hat nicht die Aufgabe, die Gesellschaft „religionsfrei“ zu halten, vielmehr hat er sich in die religiösen Angelegenheiten der Menschen gerade nicht einzumischen. Der säkulare Staat hat nicht die Aufgabe, die Gesellschaft „religionsfrei“ zu halten, im Gegenteil: Erfüllt er seine Pflicht, wird er für religiöse Gruppen attraktiv.
Religionslosigkeit kann nicht verordnet werden – und wenn auch manche Religionen noch so rückständig und freiheitsfeindlich erscheinen mögen. Kritik an der Freiheitsfeindlichkeit von Religionen muss in einer aufgeklärten Gesellschaft erlaubt sein. Wenig aufgeklärt ist es hingegen, sich auf eine Religion einzuschießen und zu glauben, somit zu einer freieren und menschlicheren Gesellschaft beizutragen. Noch schlimmer wird es, wenn nicht mehr die Freiheitsfeindlichkeit einer Religion, sondern die Religiösen selbst als Freiheitsfeinde angeprangert werden. In der aktuellen Debatte um das Burka-Verbot geschieht genau dies: Hier wird nicht mehr der Islam dafür kritisiert, die Frauen zu unterdrücken, sondern diese Frauen (und selbstverständlich die hinter ihnen stehenden Männer) erscheinen nun selbst als Bedrohung für die Freiheit. Diese Verwirrung ist der Grund dafür, warum es selbst Liberalen immer schwerer fällt, sich offen und ohne Einschränkung für das Recht auf Religionsfreiheit auszusprechen.
Die Errungenschaft der Religionsfreiheit aufs Spiel zu setzen, wäre fatal. Sie stellt die Grundlage dafür dar, dass unterschiedliche Gruppen in einem Gemeinwesen gleichberechtigt – ohne permanent über die Religion definiert und auf ihre Unterschiedlichkeit hingewiesen zu werden – miteinander kommunizieren und kooperieren.