Über das kontraproduktive Rauchverbot auf Trainerbänken
(Erschienen in Novo70, Mai/Juni 2004)
Fußballtrainer sind arme Säue. Zumeist handelt es sich um exzentrische Kerle, die ohnmächtig an der Außenlinie herumhampeln, sich die Lunge aus dem Hals schreien oder aber den Ärger in sich hineinfressen, um irgendwann später auszurasten. In jedem Fall sind sie die ersten, die über die Klinge springen, wenn die Kicker versagen. Grund genug, sich zu ärgern.
Dennoch will die internationale Fußballobrigkeit, dass sich Trainer während des Spiels wie Unternehmensberater verhalten. Bei internationalen Spielen ist der Coach im Trainingsanzug selten geworden, Schlips und Kragen sind angesagt. Damit letzterer nicht mehr platzt, werden Trainer in eine „Coachingzone“ eingesperrt, streng bewacht von einem Schiedsrichter, dessen einziger Job es ist, das auf der Bank schmorende Nervenbündel bei Fehlverhalten auf die Tribüne zu schicken.
Eine der wenigen Möglichkeiten, die einem Trainer bisher verblieben, um ungestraft Luft abzulassen, war das Rauchen. Nicht umsonst ist die Qualmerquote unter Erfolgstrainern hoch. Das wird sich ändern: Seit Anfang des Jahres herrscht bei Europacup- und Länderspielen Rauchverbot im Stadioninnenraum. Wer raucht, fliegt – auch bei der Fußball-EM in Portugal. Grund für dieses rabiate Vorgehen: Die Uefa will die Ersatzspieler vor Rauchbelästigung schützen und zudem Vorbild für die Jugend sein.
Da ist sie wieder, die viel gepriesene Vorbildfunktion des Fußballs, die alle Lebendigkeit erstickt und jegliche Individualität eindampft – zum vermeintlichen Wohle der künftigen Generationen, die vielleicht länger leben, aber nicht in den Genuss von Trainerunikaten wie Cesar Louis Menotti, Ernst Happel oder Klaus Toppmöller kommen werden.
Entscheidend sind schließlich nicht private Laster, sondern, ob ein Trainer sein Team gut und erfolgreich führt, ob sich seine Mannschaft auf den Punkt topfit und als Einheit präsentiert. Und überhaupt: Wer will schon auf der Ersatzbank alt werden? Wenn Ersatzspieler nicht am Passivrauchen sterben wollen, müssen sie sich eben um einen Stammplatz in der ersten Mannschaft bemühen. Gibt es einen gesünderen Leistungsanreiz?