Kinderfreundliches Fernsehen = kein Fernsehen?

Ich gebe es zu: Als praktizierender Vater bin ich sehr dankbar dafür, dass es TV-Kanäle wie „KiKa“ und „Nickelodeon“ gibt. Sie bieten Kindern die Möglichkeit, einfach mal kurz abzuschalten und sich berieseln zu lassen – und den Eltern erlauben sie, mal kurz durchzuschnaufen oder ihre E-Mails zu checken.

(Erschienen in: NovoArgumente Nr. 107, 7-8 2010)

Man kann ob der Qualität der auf diesen Sendern gezeigten Sendungen geteilter Meinung sein, doch nur hartgesottene und überpädagogische elterliche Spaßbremsen verweigern sich gänzlich der Nutzung dieses Angebots. Insbesondere an unangenehm kühlen oder verregneten Tagen kommt der Fernseher nach stundenlangem Toben in der Wohnung gerne zum Einsatz. Der 28. Mai 2010 wäre ein solcher Tag gewesen: Er war nicht nur für die Jahreszeit zu kühl und feucht, sondern auch durch eine leichten Erkältungsanflügen geschuldete ausgeprägte Unleidlichkeit des zu betreuenden knapp dreijährigen Töchterchens geprägt, das, wenn gar nichts anderes mehr funktioniert, zumeist spätestens beim Anblick von „Spongebob“ die Tränen trocknet und mit seiner Umwelt Frieden schließt.

Nicht so am 28. Mai 2010: Just diesen Freitag hatte der Fernsehsender Nickelodeon zum „Spieltag“ auserkoren. Unter dem Motto „Sei dabei, mach fernsehfrei“ wurde zwischen 12 und 18 Uhr das Programm abgeschaltet. „Spongebob“ gönnte sich eine Aus- und meiner Tochter und mir eine harte Zeit. „Geht raus, spielen!“ lautete die Anweisung, die freilich für ein deutlich kränkelndes und entkräftetes Kind eher unpassend war.

Bislang ging ich davon aus, dass derlei Verhaltensmaßregelungen Sache der Eltern seien. Wenn jetzt schon Fernsehsender ihr Programm freiwillig abschalten, da sie offenbar davon ausgehen, Eltern könnten dies nicht selbst, geht es mit der Volkserziehung entschieden zu weit. Ich sehe schon die Vision umweltfreundlicher und daher geschlossener Tankstellen oder energiesparender Energieversorger vor mir, ein Gruselszenario, eigentlich nichts fürs Kinderfernsehen. Obwohl, wer weiß …?