Mainauer Erklärung zur Grünen Gentechnik: Appell an den gesunden Menschenverstand

Moderne Technologien mit denen die Ernährungslage armer Menschen verbessert werden könnte, nicht einzusetzen, sollte als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ anerkannt werden.

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Wieder einmal haben sich Nobelpreisträger mit einem mahnenden Appell an die Weltöffentlichkeit und an große Politik gewandt. In einem offenen Brief, der sogenannten „Mainauer Erklärung“, fordern 110 Preisträger (davon 100 Chemiker, Mediziner und Physiker) „die Anführer von Greenpeace, der Vereinten Nationen und der Regierungen der Welt“ dazu auf, ihren Widerstand gegen die Grüne Gentechnik endlich zu beenden. Zu den Laureaten gehören u.a. die deutschen Wissenschaftler Christiane Nüsslein-Volhard, Harald zu Hausen und Wolfgang Ketterle. Sie fordern, dass die Regierungen der Welt endlich den Anbau des „Goldenen Reises“ ermöglichen. Greenpeace International hat die Kritik der Nobelpreisträger derweil zurückgewiesen. Der „Goldene Reis“ sei als Lösung gescheitert und selbst nach 20 Jahren Forschung nicht marktreif. Allerdings habe Greenpeace nach eigenen Angaben mit diesem Scheitern nichts zu tun.

Hintergrund des Appells der Wissenschaftler: Mehr als 250 Millionen Menschen in ärmeren Teilen der Welt leiden unter Provitamin-A-Mangel, was ihr Immunsystem sowie bei Kindern das Wachstum beeinträchtigt. Jährlich erblinden knapp eine halbe Million Menschen als Folge dieses Mangels. Strategien zur Bekämpfung dieses Mangels existieren bereits, werden aber nicht angewandt, da sie auf den Ergebnissen grüner Gentechnik basieren. Eine seit Jahren immer wieder in die öffentlichen Diskussionen hineinreichende Lösung ist der sogenannte „Goldene Reis“, mit dessen Hilfe der Mangel an Provitamin A beseitigt werden kann. Die gentechnische Entwicklung wurde 1992 von den Biologen Ingo Potrykus und Peter Beyer angestoßen. Doch es ist u.a. dem Widerstand von Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace geschuldet, dass dieser Anbau immer noch nicht zugelassen ist.

Immer wieder haben sich in der Vergangenheit Nobelpreisträger bemüßigt gefühlt, politische Statements inklusive politischer Forderungen zu publizieren. Nicht immer agierten sie damit wirklich glücklich; tatsächlich waren manche ihrer Statements überaus wohlfeil und am Mainstream orientiert. So beispielsweise, als im Jahr 2009 im Vorfeld der Klimakonferenz von Kopenhagen 60 Nobelpreisträger in einem Memorandum zur Bewältigung des Klimawandels aufriefen, tatsächlich aber kein einziger Wissenschaftler aus den Gebieten Atmosphärenphysik, Geophysik, Klimatologie oder Meteorologie, dafür aber neben 4 Friedensnobelpreisträgern 28 Geisteswissenschaftler zu den Unterzeichnern zählten. Als aussagekräftiger musste der zum ersten Weltklimagipfel in Rio de Janeiro 1992 veröffenlichte und schon damals vor einer pseudowissenschaftlichen Klimadebatte warnende „Heidelberger Appell“ gelten, den bis heute mehr als 70 Nobelpreisträger, darunter 66 aus den Naturwissenschaften Physik, Chemie und Medizin unterzeichneten.

Die nunmehr veröffentlichte Mainauer Erklärung zur Grünen Gentechnik ist jedoch sowohl in ihrer Formulierung als auch hinsichtlich des sie tragenden Sachverstandes überaus klar und sollte der Gentechnik-Debatte neuen Schub geben: 100 Nobelpreisträger aus Medizin, Chemie und Physik, also aus direkt mit der Fragestellung beschäftigten Wissenschaftsdisziplinen, haben deutliche Worte gefunden – hinzukommen 8 Wirtschaftsnobelpreisträger, ein Literatur- sowie ein Friedensnobelpreisträger (Stand 1.7.16): Am Ende ihres Appells steht die Frage, wie viele arme Menschen auf der Welt noch sterben müssten, bevor der auf Gefühlen und Dogmen beruhende Widerstand gegen die Nutzung der Grünen Gentechnik als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ erkannt werde.

Es bleibt zu hoffen, dass diese geballte wissenschaftliche Expertise Gehör findet. Die Ablehnung der Grünen Gentechnik ist keineswegs Ausdruck des gesunden Menschenverstandes. Sie ist im Gegenteil Ausdruck des Misstrauens gegenüber dem menschlichen Verstand.