Und er existiert doch, der freie Wille!

Jahrelang musste die Hirnforschung als naturwissenschaftliche Begründung für freiheitsfeindliche und misanthropische Thesen und Tendenzen herhalten. Neue empirische Ergebnisse scheinen nun aber den freien Willen zu rehabilitieren.

Freiheit? Freie Entscheidung? Feier Wille? So etwas gibt es nicht! Das haben Hirnforscher doch schon vor langer Zeit festgestellt! Sehr häufig wurde in den vergangenen Jahrzehnten in philosophischen Debatten über die Freiheit und die Fähigkeit des Menschen, eigenständig sinnvolle und unabhängige Entscheidungen zu treffen, auf Erkenntnisse des Neurophysiologen Benjamin Libet (1916-2007) verwiesen.

Das nach ihm benannte „Libet-Experiment“ war der Versuch, die zeitliche Abfolge bewusster Handlungsentscheidungen und ihrer motorischen Umsetzung zu messen. Es gilt seither vielen als Beweis dafür, dass es eine wirkliche Freiheit des menschlichen Willens nicht gibt – eine Behauptung, deren Einfluss auf die politischen und weltanschaulichen Debatten der letzten Jahrzehnte nicht zu unterschätzen ist.

In seinem interessanten, ausgewogenen, verständlich geschriebenen und deswegen auch zur Lektüre empfohlenen Artikel „Die Wiederentdeckung des Willens“ im „Spektrum der Wissenschaft“ vom 9. April 2015 dokumentiert Amadeus Magrabi nun aber, dass die sehr einseitige und orthodoxe Position, ein freier menschlicher Wille existiere gar nicht, mittlerweile nicht dem Stand der naturwissenschaftlichen Forschung entspricht und auch in Philosophie und Politik nicht zeitgemäß sind.

Die tiefen Zweifel an der Willensfreiheit waren also verfrüht! Das ist nicht nur eine gute Nachricht für all jene, die sich für ein größtmögliches Maß an gesellschaftlicher und politischer Freiheit auf der Welt einsetzen. Die Nachricht zeigt auch, dass sich Wissenschaften aus der Umklammerung durch Politik und Ideologie befreien können.

 

Dieser Kurzkommentar ist am 15.4.15 in der BFT-Bürgerzeitung erschienen.