Rote Karte für die „Hooligan-Datei“?

(Erschienen in Novo99, März/April 2009)

Die vom Bundeskriminalamt geführte Datei „Gewalttäter Sport“ ist nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg rechtswidrig. In ihr werden seit 1994 Personen registriert, die im Sportumfeld straffällig wurden oder im Verdacht stehen, straffällig geworden zu sein. Mittlerweile sind rund 10.000 Menschen in der Datei gelistet – neben tatsächlichen Hooligans auch Fußballfans, deren Personalien festgestellt wurden, weil sie sich in der Nähe einer Schlägerei oder Demonstration aufhielten.

Auf dieser Liste zu stehen hat gravierende Folgen: Es drohen Meldeauflagen, Hausbesuche der Polizei, Passentzug und Reiseverbote. Da die Registrierten zudem nicht davon in Kenntnis gesetzt werden, in der Datei gelistet zu sein, erleben manche erst kurz vor dem Abflug in den Urlaub ihr blaues Wunder.

Doch mit dieser Sippenhaft „auf Verdacht“ für Fußballfans könnte es bald vorbei sein. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat kurz vor Weihnachten im Berufungsverfahren das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover bestätigt, das im Mai 2008 der Klage eines niedersächsischen Fußballfans auf Löschung seines Namens aus der Datei stattgegeben hatte. Für eine Verbunddatei dieser Art, deren Inhalte auch an andere europäische Länder weitergegeben werden könnten, sei eine Rechtsverordnung nötig, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfe. Diese sei jedoch nie erlassen worden.

Das Bundesinnenministerium kann nun die rechtswidrige Datensammelei nur noch durch die Verankerung einer Rechtsverordnung nachträglich „legalisieren“, würde damit jedoch seinen Fehler eingestehen. Zahlreiche Fanorganisationen fordern die Löschung der Datei. Sowohl der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Peter Schaar, als auch der Sprecher des Bündnisses aktiver Fußballfans (BAFF), Wilko Zicht, setzen sich für ein Umsteuern ein. Für den Schutz der Privatsphäre vor Datensammelwut – ob vonseiten des Staates oder paranoider Unternehmen – wäre dies ein wichtiges Signal.