Timothy Hunts freiwillige Selbst-Steinigung

Der britische Nobelpreisträger Timothy Hunt tritt wegen eines sexistischen Kommentars bei einer Journalistenkonferenzvon seiner Position als Honorarprofessor am University College London (UCL) zurück, wie die „Süddeutsche Zeitung“ am 11.6.15 berichtet.

Der 72-Jährige bei der Weltkonferenz der Wissenschaftsjournalisten in Südkorea mit dieser Aussage über Frauen in der Forschung Empörung ausgelöst: „Lassen Sie mich über meine Probleme mit Mädchen sprechen. Drei Dinge passieren, wenn sie im Labor sind: Du verliebst dich in sie, sie verlieben sich in dich und wenn du sie kritisierst, weinen sie.“

Liebe im Labor sei „störend für die Wissenschaft“, sagte Hunt, der 2001  gemeinsam mit zwei anderen Wissenschaftlern für seine Arbeit auf dem Gebiet der Zellforschung den nobelpreis erhalten hatte. Er habe „nur ehrlich“ sein wollen, sagte er nun, nannte sich selbst aber dennoch ein „chauvinistisches Schwein“.

Bevor die Politisch Korrekten ihn steinigen („Jeder nur einen Stein, bitte!“), darf ich ihn bitte noch kurz vorher dafür beschimpfen, dass er in die Steinigung einwilligt?!

Was es bedeutet, wenn Pflanzen spüren, wenn sie gegessen werden.

Pflanzen spüren es wohl, wenn sie gefressen werden. Eine US-Forschungsgruppe der University of Missouri in Columbia hat eine Studie mit diesem ungewöhnlichen Ergebnis veröffentlicht. So jedenfalls schreibt Vanessa Schneider in ihrem Artikel vom 9.6.15.

 Mit dieser Nachricht fault der vegetarische Heiligenschein zu einem Ring aus Scheinheiligkeit zusammen. Dieser Tomate auf dem Foto zum verlinkten Artikel sieht man an den panisch abgespreizten Blättern an, wie sie sich wehrt gegen die nahende Folterzeremonie vegetarischer Kauwerkzeuge, wie sie verzweifelt um ihr Leben strampelt und doch weiß, dass sie ihrer langsamen Zersetzung und vollständigen Verdauung nicht entgehen kann. Dieses tägliche Verbrechen kann nur auf drei Arten verhindert werden:
1. Abgepacktes Fleisch essen, denn selbst die übersichtlichste Schnitzelpsyche wird ihrem eigenen Verzehr als Befreiung aus der Vakuumverpackung freudig entgegensehen.
2. Mittels moderner Gentechnik dumme Tomaten züchten, deren emotionale Intelligenz nicht hoch genug entwickelt ist, um sich ihres Schicksals bewusst zu werden.
3. Sich damit anfreunden, dass Marmor im Abgang etwas ruppig ist – und diesen genießen, bis Forscher auch dessen Seelenleben analysiert haben.

 

 

 

Mein (immer noch bestehendes) Problem mit Frauenfußball

Anlässlich der letzten Frauen-WM schrieb ich 2011 in meinem Artikel „Mein Problem mit Frauenfußball“:

„Der ‚familienfreundliche Fußball‘, dessen Reinform offensichtlich der Frauenfußball darstellen soll, läutet nicht nur den Rückzug des kämpferischen Fußballsports zugunsten eines sauberen, aber auch emotionslosen Abziehbildes ein. Er bereitet gleichzeitig den Niedergang des kulturellen Phänomens Fußball als einem der letzten Refugien von Freiheit und emotionaler Ausgelassenheit in einer ansonsten immer stärker geregelten und kontrollierten Gesellschaft vor.“

Leider erscheint mir dies heute noch richtiger zu sein als vor vier Jahren.

Bundesliga: Die elitäre und verlogene Liebe zu den Unterdogs

Es ist schon auch seltsam, wie scheinbar reibungslos beim Thema Fußball die widersprüchlichsten Ideologien nebeneinander herexistieren und paradoxe „Fangemeinschaften“ gründen können. Jüngstes Beispiel: die elitäre und verlogene Liebe der Fußballnation zu den Underdogs.

Einerseits freut sich der moderne, domestizierte, klassenlose, bewusst lebende und tendenziell anti-industriell und nachhaltig denkende Fußballfan hämisch darüber, dass Guardiolas Spieler im nächsten Jahr in Darmstadts Retro-Stadion kalt duschen müssen. Gleichzeitig werden aber die eigenen Kinder nicht mehr in den benachbarten Fußballverein geschickt, da dort die ganzen Prolls und Türken sind.

So gesehen hat die landesweite Freude über den Aufstieg des Underdogs SV Darmstadt 98 schon auch etwas Verlogenes. Dieselbe Fußball-Mittelklasse, die selbst einst den Abbruch der alten klassischen Fußballkultur dadurch vorantrieb, dass sie in Scharen die neuen Hochsicherheits-Stadion bevölkerte und somit erst finanzierbar gemacht hat, zelebriert nun die Wiederauferstehung der „kleinen und traditionellen Klubs“ aus der ach so schönen Vergangenheit, in es angeblich nicht nur ums Geld ging – freilich aber ohne die dazugehörigen kleinen Leute.

Atomkraft? Ja, bitte!

Winand von Petersdorff liefert in seinem gleichnamigen F.A.Z.-Artikel so viele Denkanstöße zum grün-misanthropischen Grenzendenken, dass es für mehrere muntere Debattierabende ausreicht. Allein der nachstehende Satz treibt „Nachhaltikern“ die Zornesröte ins Gesicht:

„Die Furcht der Deutschen, dass die Welt überfordert sei, wenn alle Menschen sich das Konsumniveau des Westens aneigneten, ist durchaus berechtigt. Zugleich erscheint sie deplaziert. Denn selbst der vegane Autoverweigerer, der sein Haus mit Dämmwolle aus nachwachsenden Rohstoffen verpackt, geht nicht so weit, seine Wäsche mit der Hand zu waschen. Die deutschen Sorgen bleiben die Sorgen von Leuten, die mehr als zehnmal so viel Energie verbrauchen wie der durchschnittliche Inder.“

 

Pünktlich zu Himmelfahrt: Fahrt zur Hölle, ihr Verbotsapostel!

Höhere Steuern auf Alkohol sollen im Verbund mit strengeren Auflagen für die Werbung jedes Jahr Zehntausende Leben in Deutschland retten. Zu dieser Einschätzung sind Experten der OECD in einer gestern vorgestellten Studie gekommen.

Es stellt sich die Frage: Wollen die Kontroll- und Verbotsexperten unser Leben schützen? Oder wollen sie uns nicht eher VOR dem Leben schützen?

Denn wenn alles verboten würde, was gesundheitsschädlich ist, dann bliebe uns nicht nur das Atmen versagt, sondern auch das Fortpflanzen. Das Leben ist ein tödlicher Spaß, der mit ungeschütztem Sex beginnt. Und mit der Fortpflanzung wären dann auch Mutter- und Vatertag hinfällig. Und das wollen wir doch alle nicht, oder?

Good news from Britain: Labours Paternalismus fällt bei Wahlen durch

Großbritannien hat gewählt – ohne jeden öffentlichen Enthusiasmus, ohne das früher übliche öffentliche Farbe-Bekennen seiner Bürger, in dem mittels Fähnchen und Plakaten demonstriert wurde, wem man politisch nahestand. Und wie meistens, wenn es keinerlei politischen Enthusiasmus gibt, der die Menschen zum Diskutieren anregt, gewinnt der Amtsinhaber die Wahl.

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Bahnbrechend: Empörung, Empörung allerorten

Man könnte meinen, Menschen würden auf offener Straße von randalierenden Lokomotivführern in Geiselhaft genommen. Man könnte meinen, diese Berufsgruppe sei so extrem überprivilegiert, dass auch nur die pure Vorstellung, sie könnte das moralische Recht haben, sich gegen die Bahn AG zur Wehr zu setzen, jenseits des Vorstellbaren ist.

Richtig wohltuend ist da der Artikel „Geht’s noch? Warum die Bahnstreik-Empörung lächerlich ist (und was sie über Deutschland verrät)“ von Sebastian Christ in der Huffington Post, der mit spitzer Nadel der übers Land schwappenden Empörungs-Blase ein wenig die Luft nimmt.

Ja, so ein Streik behindert den reibungslosen Ablauf der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Maschinerie. Aber, mal ganz ehrlich und unter uns: Genau das ist die Idee. Anders können Lokführer und auch andere Arbeitnehmer ihre wirtschaftlichen Anliegen nicht äußern. Schon vergessen? Und nur, weil andere Berufsgruppen schon lange aufgehört haben, für ihre Interessen und Rechte zu kämpfen, sind diejenigen, die es tun, noch lange keine sozialfeindlichen Ganoven.

Die Frage, die Hysteriker und Berufsempörte einmal in aller Ruhe überdenken sollten, lautet wie folgt:

Wie missbraucht man eigentlich seine Rechte?

Matthias Heitmann