Olympia: Wird wirklich alles immer schlimmer?

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Korruption und Geschäftemacherei, Manipulation und Doping: Die Olympischen Spiele von Rio werden einmal mehr als Indiz dafür gewertet, dass heute nichts mehr so sauber und rein ist wie in der Vergangenheit. Früher war eben alles besser – stimmt‘s?

Nein, es stimmt nicht. Es mag so problemlos zu dem heutigen Zeitgeist passen, überall Indizien des alternativlosen Niedergangs unserer Welt sehen zu wollen – doch es ist eben dieser Zeitgeist, der uns die Welt wie durch einen Grauschleier sehen lässt. Sebastian Hollstein analysiert in seinem sehr interessanten Hintergrundartikel „Per Foulspiel in die Ewigkeit“ auf Spektrum.de die Geschichte der Olympischen Spiele und widerlegt die These von der ach so glorreichen Vergangenheit. Tatsächlich zeigen die historischen Quellen in den Worten von Hollstein: „Von Anfang an waren die Spiele viel zu wichtig, als dass Sportler sie dem Zufall und Politiker sie den Sportlern überlassen hätten.“

In Wirklichkeit haben Doping, Korruption und Politik schon immer auf die Olympischen Spiele eingewirkt. Im luftleeren Raum haben diese noch nie stattgefunden. Und der vielbeschworene olympisch Geist der Spiele musste sich immer im Widerstand gegen den Ungeist entfalten. Und immer ist es ihm gelungen. Hollsteins Artikel räumt auch mit einigen der beliebtesten Mythen auf, wie etwa mit dem der antiken Fairness oder der angeblich nicht vorhandenen kommerziellen Seite der damaligen Spiele.

Hollstein resümiert am Ende seines Artikels nüchtern, worum es im antiken Olympia ging: „nicht ums Dabeisein. Wer als Erster über die Ziellinie ging oder im Kampf als Letzter stehen blieb, dem waren Geld, Ehre und ein Eintrag in die Geschichtsbücher sicher. Und wer seinem Schicksal besonders clever auf die Sprünge half, hatte noch nicht einmal etwas zu befürchten. Denn selbst wenn die Schummelei hinterher aufflog, stand das Ergebnis fest. Nachträgliche Disqualifikationen fanden nicht statt. Wer einmal zum Olympiasieger erklärt wurde, der war es für die Ewigkeit.“

Die historische Perspektive hilft dabei, ein wenig Abstand zu aktuellen Aufregungen und harschen Beurteilungen aufzubauen. Manchmal führt diese Distanz zu einer genaueren und realistischeren Gesamtschau, zu ein wenig mehr Zuversicht und zu ein bisschen weniger Zynismus und Missmut. Und was für die Olympischen Spiele gilt, täte uns sicher auch in anderen Bereichen unseres Lebens gut.

Dieser Kommentar ist am 22.08.2016 in der BFT Bürgerzeitung erschienen.