Alle Beiträge von Matthias Heitmann

Bundesliga: Die elitäre und verlogene Liebe zu den Unterdogs

Es ist schon auch seltsam, wie scheinbar reibungslos beim Thema Fußball die widersprüchlichsten Ideologien nebeneinander herexistieren und paradoxe „Fangemeinschaften“ gründen können. Jüngstes Beispiel: die elitäre und verlogene Liebe der Fußballnation zu den Underdogs.

Einerseits freut sich der moderne, domestizierte, klassenlose, bewusst lebende und tendenziell anti-industriell und nachhaltig denkende Fußballfan hämisch darüber, dass Guardiolas Spieler im nächsten Jahr in Darmstadts Retro-Stadion kalt duschen müssen. Gleichzeitig werden aber die eigenen Kinder nicht mehr in den benachbarten Fußballverein geschickt, da dort die ganzen Prolls und Türken sind.

So gesehen hat die landesweite Freude über den Aufstieg des Underdogs SV Darmstadt 98 schon auch etwas Verlogenes. Dieselbe Fußball-Mittelklasse, die selbst einst den Abbruch der alten klassischen Fußballkultur dadurch vorantrieb, dass sie in Scharen die neuen Hochsicherheits-Stadion bevölkerte und somit erst finanzierbar gemacht hat, zelebriert nun die Wiederauferstehung der „kleinen und traditionellen Klubs“ aus der ach so schönen Vergangenheit, in es angeblich nicht nur ums Geld ging – freilich aber ohne die dazugehörigen kleinen Leute.

Atomkraft? Ja, bitte!

Winand von Petersdorff liefert in seinem gleichnamigen F.A.Z.-Artikel so viele Denkanstöße zum grün-misanthropischen Grenzendenken, dass es für mehrere muntere Debattierabende ausreicht. Allein der nachstehende Satz treibt „Nachhaltikern“ die Zornesröte ins Gesicht:

„Die Furcht der Deutschen, dass die Welt überfordert sei, wenn alle Menschen sich das Konsumniveau des Westens aneigneten, ist durchaus berechtigt. Zugleich erscheint sie deplaziert. Denn selbst der vegane Autoverweigerer, der sein Haus mit Dämmwolle aus nachwachsenden Rohstoffen verpackt, geht nicht so weit, seine Wäsche mit der Hand zu waschen. Die deutschen Sorgen bleiben die Sorgen von Leuten, die mehr als zehnmal so viel Energie verbrauchen wie der durchschnittliche Inder.“

 

Pünktlich zu Himmelfahrt: Fahrt zur Hölle, ihr Verbotsapostel!

Höhere Steuern auf Alkohol sollen im Verbund mit strengeren Auflagen für die Werbung jedes Jahr Zehntausende Leben in Deutschland retten. Zu dieser Einschätzung sind Experten der OECD in einer gestern vorgestellten Studie gekommen.

Es stellt sich die Frage: Wollen die Kontroll- und Verbotsexperten unser Leben schützen? Oder wollen sie uns nicht eher VOR dem Leben schützen?

Denn wenn alles verboten würde, was gesundheitsschädlich ist, dann bliebe uns nicht nur das Atmen versagt, sondern auch das Fortpflanzen. Das Leben ist ein tödlicher Spaß, der mit ungeschütztem Sex beginnt. Und mit der Fortpflanzung wären dann auch Mutter- und Vatertag hinfällig. Und das wollen wir doch alle nicht, oder?

Good news from Britain: Labours Paternalismus fällt bei Wahlen durch

Großbritannien hat gewählt – ohne jeden öffentlichen Enthusiasmus, ohne das früher übliche öffentliche Farbe-Bekennen seiner Bürger, in dem mittels Fähnchen und Plakaten demonstriert wurde, wem man politisch nahestand. Und wie meistens, wenn es keinerlei politischen Enthusiasmus gibt, der die Menschen zum Diskutieren anregt, gewinnt der Amtsinhaber die Wahl.

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Bahnbrechend: Empörung, Empörung allerorten

Man könnte meinen, Menschen würden auf offener Straße von randalierenden Lokomotivführern in Geiselhaft genommen. Man könnte meinen, diese Berufsgruppe sei so extrem überprivilegiert, dass auch nur die pure Vorstellung, sie könnte das moralische Recht haben, sich gegen die Bahn AG zur Wehr zu setzen, jenseits des Vorstellbaren ist.

Richtig wohltuend ist da der Artikel „Geht’s noch? Warum die Bahnstreik-Empörung lächerlich ist (und was sie über Deutschland verrät)“ von Sebastian Christ in der Huffington Post, der mit spitzer Nadel der übers Land schwappenden Empörungs-Blase ein wenig die Luft nimmt.

Ja, so ein Streik behindert den reibungslosen Ablauf der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Maschinerie. Aber, mal ganz ehrlich und unter uns: Genau das ist die Idee. Anders können Lokführer und auch andere Arbeitnehmer ihre wirtschaftlichen Anliegen nicht äußern. Schon vergessen? Und nur, weil andere Berufsgruppen schon lange aufgehört haben, für ihre Interessen und Rechte zu kämpfen, sind diejenigen, die es tun, noch lange keine sozialfeindlichen Ganoven.

Die Frage, die Hysteriker und Berufsempörte einmal in aller Ruhe überdenken sollten, lautet wie folgt:

Wie missbraucht man eigentlich seine Rechte?

Zum Internationalen Tag der Pressefreiheit: Freiheit beginnt im eigenen Kopf – dort muss sie auch zuerst verteidigt werden!

Die Pressefreiheit ist doppelt gefährdet: Während der Druck von außen kontinuierlich zunimmt, schwindet im Inneren der Medienwelt die Bereitschaft, sie auf Biegen und Brechen zu verteidigen.

Diesen Artikel finden Sie in meinem E-Book „Zeitgeisterjagd SPEZIAL: Essays gegen enges Denken“. Er ist ursprünglich am 4. Mai 2015 in der BFT Bürgerzeitung erschienen.

Mutmaßungen

Verstehe ich das richtig?: Weil man einen mutmaßlichen Terroranschlag, mutmaßlich auf das Radrennen „Rund um den Finanzplatz Eschborn-Frankfurt“, mutmaßlich erfolgreich vereitelt hat, sagt man nun das Radrennen ab?

Ist es nicht gerade diese Sicherheitslogik, die das Attentats-Business so erfolgreich macht? Inwiefern ist denn ein Anschlag erfolgreich vereitelt, wenn er sein Ziel dennoch erreicht?

So gesehen gibt es gescheiterte Attentate eigentlich gar nicht mehr: Sie erreichen auf jeden Fall ihr Ziel, ob sie nun gelingen oder vorher aufgedeckt werden.

Mutmaßlich ist es Zufall und bedeutungslos, dass in „mutmaßlich“ die Wörtchen „Mut“ und „Maß“ enthalten sind.

Politiker fordern Frauenquote bei Straßennamen: Wie wärs mit „Feministinnen-Weg“?

Nach einem Bericht der Bildzeitung fordern Politiker nun auch eine Frauenquote für Straßen.

Dieser Forderung liegt ein grundlegendes Missverständnis zugrunde: Denn ob man es glaubt oder nicht – Straßen sind grundsätzlich weiblich. Nur wenn sie – wie auf dem Foto im verlinkten Artikel – als „Weg“ ausgewiesen sind, sind sie männlich.

Das scheint ihnen allerdings mehrheitlich schnuppe zu sein. Ich habe jedenfalls noch nie gesehen, dass Straßen „auf die Straße“ gehen, um gegen männliche Namen zu protestieren. Umgekehrt übrigens auch.

Feministinnen sind auf dem Holzweg, wenn sie glauben, dass unseren urbanen Mobilitätsschluchten der Asphalt kocht oder der Bordstein schwillt, weil man sie in irgendeiner Weise benennt. Man sieht auf dem Foto im Artikel, wie tapfer es auch der amtlich beglaubigte Weg hinnimmt, einen weiblichen Namen zu tragen („Helga-Feddersen-Weg“).

Es wäre ehrlicher von Feministinnen, sie würden nicht Straßen und Wege vorschicken, wenn es in Wahrheit doch einzig um ihre eigene Hypersensibilität geht.

Ich hätte einen Vorschlag zur Umbenennung des Helga-Feddersen-Weges: Ich plädiere für „Feministinnen-Weg“.

In vier Monaten von „Je suis Charlie“ zum „Charlie-Hebdo“-Boykott: Es ging nie um Meinungsfreiheit

Wer Meinungsfreiheit verteidigen will, muss dies gerade auch in Bezug auf Meinungen tun, mit denen man sich nicht solidarisieren will. Leider haben dies die Schriftsteller, die nun die Preisverleihung an „Charlie Hebdo“ boykottieren wollen, nicht verstanden.

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